Zu viel Magensäure bei Kindern: Ursachen
Für die Produktion der Magensäure sind die sogenannten Belegzellen des Magens verantwortlich. Kommt es zu einer übermäßigen Herstellung, so führt das zu einem erhöhten Säuregehalt des Magensaftes. Dann spricht man von einer Hyperazidität. Diese gesteigerte Säurebildung kann sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern auftreten. Eine der häufigsten Ursachen bei Kindern ist der Befall der Magenschleimhaut mit dem Bakterium Helicobacter pylori. Diese Infektion ist häufig, führt jedoch selten zum Auftreten von Symptomen. Außerdem spielen die Faktoren ungesunde Ernährung und Stress bei Kindern mit übermäßiger Säureproduktion eine wichtige Rolle.
Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung ist mit Helicobacter pylori infiziert [1]. Dabei erfolgt die Infektion meist im Kleinkindalter. Bei 4 bis 5 Prozent der deutschen und 20 bis 30 Prozent der Kinder von Migranten findet man den Keim vor [1]. Der Helicobacter pylori Keim verursacht immer eine Magenschleimhautentzündung (Gastritis), bei der es zu einer vermehrten Magensäureproduktion kommen kann. Das Bakterium bildet das Enzym Urease, um sich vor der Magensäure zu schützen. Die entzündete Schleimhaut setzt weniger Somatostatin frei [2]. Hierbei handelt es sich um ein Hormon, welches einige Enzyme und die Magensäureproduktion hemmt [3]. Fehlt das Hormon, kann es unter anderem zu einer erhöhten Magensäureproduktion und der damit verbundenen Schleimhautentzündung kommen. Ein Arztbesuch wird erst dann nötig, wenn sich durch die chronische Entzündung Symptome entwickeln. Das ist allerdings sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen sehr selten. Aufgrund dessen verbleibt dieser Zustand ohne Therapieeinleitung oft ein Leben lang problemlos. In einigen sehr wenigen Fällen entwickelt sich bei Kindern nach einer langen und beschwerdefreien Infektion ein Magengeschwür (Ulcus).
Speisen, die die Magensäureproduktion anregen, werden oft als „Säurelocker“ bezeichnet. Diese Wirkung kann zum einen durch das Hormon Sekretin hervorgerufen werden. Dessen Ausschüttung im Magen wird bei stark gewürzten oder fettigen Speisen vermehrt angeregt. Über einen Kopplungsweg führt die Sekretinausschüttung zu einer erhöhten Magensäureabgabe [4]. Außerdem erzielen eventuell stark eiweißhaltige Nahrungsmittel wie Fleisch, Fisch oder Hülsenfrüchte einen ähnlichen Effekt. Eiweiße werden hauptsächlich im Magen verdaut. Die Hauptzellen des Magens produzieren das dafür erforderliche Hormon Pepsin. Dieses ist nur in einer Umgebung mit saurem pH– Wert funktionsfähig. Eine vermehrte Magensäureproduktion ist demnach unabdingbar für die Eiweißverdauung [5]. Kinder, die oft und große Mengen der genannten Speisen zu sich nehmen, sind gefährdeter eine Magenschleimhautentzündung und auf Dauer ein Magengeschwür zu entwickeln. Zudem kann es zu einem Rückfluss der Magensäure in die Speiseröhre kommen. Bedingt durch die ungesunde Ernährung kann Übergewicht oder eine starke Gewichtszunahme diesen Vorgang unterstützen [6]. Eine Speiseröhrenentzündung wäre dann möglich.
Nicht nur Erwachsene, auch Kinder sind Stress ausgesetzt. Leistungsdruck in der Schule, Spannungen in der Familie oder ein zu voller Terminplan können belastend für sie sein [7]. Stress löst in unserem Körper die Ausschüttung von Kortikoiden aus. Dabei handelt es sich um in den Nebennieren gebildete Steroidhormone, die verschiedene Wirkungen auf den Organismus ausüben. Unter anderem stimulieren sie die Magensäure- und Pepsinproduktion. Zusätzlich unterdrücken sie das Immunsystem [8]. Bei dauerhaftem Stress erleichtert diese Kombination Keimen wie dem Helicobacter pylori die Ansiedlung bzw. Ausbreitung in der gereizten Magenschleimhaut [9]. Mögliche Folgen sind eine Magenschleimhautentzündung und ein Magengeschwür.
Nahrungsmittelallergien gehören zu den selteneren Ursachen für die Produktion von zu viel Magensäure bei Kindern. Am häufigsten finden sich Allergien gegen Milch, Hühnerei, Soja, Weizen und Fisch [1]. Die Nahrungsmittelaufnahme führt zu einer überschießenden Immunreaktion, für die meist das Hormon Histamin verantwortlich ist. Neben vielen anderen typischen Allergiesymptomen wie zum Bsp. Juckreiz, verursacht es die gesteigerte Magensäureproduktion [10]. Eine allergische Reaktion kann sich durch allgemeines Unwohlsein bis hin zu einem akuten Kreislaufversagen durch Überempfindlichkeitsreaktion des Immunsystems (anaphylaktischer Schock) bemerkbar machen.
Die zystische Fibrose (auch: Mukoviszidose) ist eine seltene Erbkrankheit, bei der es zu einer Fehlfunktion der Sekret abgebenden Drüsen des Körpers kommt [11]. Von dieser Krankheit ist ein Kind unter 2500 betroffen [12]. Die zystische Fibrose greift vor allem Lunge und Bauchspeicheldrüse an und führt bei einigen Erkrankten zu einer vermehrten Magensäureabgabe [11][13].
Sonstige Ursachen
Eine weitere sehr seltene Ursache stellt das Zollinger–Ellison–Syndrom dar. Die gesteigerte Säureproduktion ist auf einen Gastrin bildenden Tumor zurückzuführen, der häufig in der Bauchspeicheldrüse sitzt. Gastrin ist ein wichtiges Hormon, das während der Verdauung von speziellen Zellen im Magen und Zwölffingerdarm abgegeben wird. Es regt die Magensäureproduktion an. Die durch den Tumor zusätzlich produzierte Menge an Gastrin führt zu einer Hyperazidität im Magen. Große, immer wieder kehrende Magengeschwüre und Durchfälle sind die Folge [1].
Quellenangaben
-
Burkhard Rodeck, Klaus-Peter Zimmer: Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung. Cornelsen, 2013, S. 252 – 255, S. 273
-
Christian P. Speer, Manfred Gahr: Pädiatrie. Springer, 2009, S. 272
-
Dee Unglaub Silverthorn: Physiologie. Pearson, 2009, S. 1007
-
Felix Klewitz: Lehrbuch der Ernährungstherapie für Innere Krankheiten. Springer, 2013, S. 37
-
Hans - Jürgen Holtmeier: Gesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen. Springer, 2013, S. 76 – 77
-
Joachim F. Erckenbrecht, Sven Jonas: Viszeralmedizin. Interdisziplinäres Facharztwissen Gastroenterologie und Viszeralchirurgie. Springer, 2015, S. 192
-
Arnold Lohaus, https://www.tk.de/centaurus/servlet/contentblob/48670/Datei/119278/TK-Broschuere-Kinder-und-Stress.pdf, 22.11.2015
-
Stefan Silbernagl, Florian Lang: Taschenatlas der Pathophysiologie. Thieme, 2005, S. 268
-
Jan Vagedes, Georg Soldner: Das Kinder-Gesundheitsbuch: Kinderkrankheiten ganzheitlich vorbeugen und heilen. Gräfe Und Unzer, 2013
-
Niels Mygind: Grundriss der Allergologie. Springer, 2013, S. 33
-
Hermann Lindemann: Mukoviszidose - Zystische Fibrose. Thieme, 2004, S.1
-
Fritz Mattejat, Helmut Remschmidt, Andreas Warnke: Therapie psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Thieme, 2007, S. 421
Ordnen Sie sich mit Ihrer Beschwerde genauer ein:
Wichtiger Hinweis
Die auf Sodbrennen-Wissen.de zur Verfügung gestellten Informationen sowie Kommentare und Diskussionsbeiträge können und dürfen nicht zur Erstellung eigenständiger Diagnosen und/oder einer eigenständigen Auswahl und Anwendung oder Absetzung von Arzneimitteln, sonstigen Gesundheitsprodukten oder Behandlungsmethoden verwendet werden. Viele Symptome und Beschwerden können bei verschiedenen Erkrankungen auftreten. Für eine sichere Diagnose und Behandlung muss immer ein Arzt aufgesucht werden. Die auf Sodbrennen-Wissen.de zur Verfügung gestellten Inhalte sind sorgfältig erarbeitet und werden in regelmäßigen Abständen auf ihre Richtigkeit überprüft und aktualisiert. Jedoch unterliegen die Erkenntnisse in der Medizin einem ständigen Wandel. Wir übernehmen daher keine Gewährleistung für die Vollständigkeit, Richtigkeit, Genauigkeit und Aktualität sämtlicher Inhalte auf den Webseiten.
Veröffentlicht durch: | DeGiN-Redaktion |
Erstellt am: | 23.05.2016 |
Zuletzt aktualisiert am: | 06.07.2016 |
Prüfzyklus: | Jährlich |
Die DeGiN-Redaktion
Redaktions- und Lektoratsleitung: | Lorenz Graubner, Lisa Wunsch |
Lektoren: | Dr. rer. nat. Antje Kronenberg, Cand. med. Lil Meyer-Arndt, Cand. med. Viktoria Palm, Heike Marie Westhofen (Heilpraktikerin), Claudia Sarkady (Fachlektorat) |
Art Director: | Oleg Shmykov B.A. |