Schulmedizin
PPI gegen Reflux (Baby)
Viele Babys leiden während des ersten Lebensjahres unter Säurereflux bzw. Sodbrennen (gastroösophageale Refluxkrankheit). Bis zum 4. Lebensmonat sind durchschnittlich 60 % aller Babys davon betroffen, wobei die Symptomstärke sowie die Häufigkeit der Beschwerden im Laufe des 1. Lebensjahres stark abnehmen. Nur sehr selten ist eine medikamentöse Behandlung der Kinder notwendig, da schon in den meisten Fällen konservative Maßnahmen zu einer ausreichenden Besserung der Symptome führen [1]. Zur medikamentösen Therapie hat sich die Gruppe der sogenannten Protonenpumpeninhibitoren (PPI) bei Babys bewährt, die durch Hemmung der Säuresekretion im Magen zu einem Anstieg des pH-Wertes und dadurch zu einer Verbesserung der Refluxsymptomatik führen [2].
Wann ist die Einnahme von PPIs bei Sodbrennen für Babys sinnvoll?
Bei unkompliziertem und selten auftretendem Sodbrennen ist bei Säuglingen keine spezifische Behandlung nötig, da sich die Symptome in den meisten Fällen von selbst wieder bessern. Bei stärkeren sowie häufigeren Beschwerden sollte zunächst durch konservative Maßnahmen versucht werden, eine Symptombesserung herbeizuführen. Zu möglichen konservativen Therapiemaßnahmen zählt eine Umstellungen der Ernährung, wie etwa dem Eindicken der Babynahrung durch Johannisbrotkernmehl oder Maisstärke und die Nahrungsumstellung auf hypoallergene Lebensmittel (Nahrungsmittelallergien z.B. gegen Kuhmilchproteine können in manchen Fällen zu einem der Refluxkrankheit ähnlichen Beschwerdebild führen). Des Weiteren sollte auf eine aufrechte Sitzposition des Babys bei der Nahrungsaufnahme geachtet werden. Wenn diese Veränderungen zu keiner wesentlichen Symptombesserung führen, kann eine Therapie mit PPIs in Erwägung gezogen werden. Ein frühzeitiger medikamentöser Behandlungsbeginn ist vor allem bei Kindern mit chronischen Lungenerkrankungen (z.B. Asthma bronchiale, chronische Bronchitis), neuromuskulären Erkrankungen, Speiseröhrenfehlbildungen (z.B. Ösophagusatresie) und einer bereits bestehenden Speiseröhrenentzündungen (Ösophagitis) wichtig [1].
Wann sollte bei Babys auf die Einnahme von PPIs verzichtet werden?
Medikamente sollten erst dann zum Einsatz kommen, wenn konservative Maßnahmen zu keiner Besserung geführt haben.Omeprazol gilt zwar als das für Babys am besten geeignete PPI-Präparat, ist aber in Deutschland erst ab einem Alter von über einem Jahr und einem Gewicht von über 10 Kilogramm zugelassen. Es sind zudem nur sehr wenige wissenschaftliche Studien zur Therapie von Kindern unter einem Jahr bekannt. Daher sollte die Indikation einer PPI-Behandlung nur sehr strikt und in speziellen Fällen gestellt werden. Eine ärztliche Betreuung ist in diesem Fall unbedingt zu empfehlen [3].
Bleibt eine Besserung der Symptome trotz der medikamentösen Behandlung aus und treten dafür starke Schmerzen, broncho-pulmonale Probleme oder häufiges Erbrechen mit resultierender Gedeihstörung bzw. Wachstumsrückstand des Babys auf, sollte an die Möglichkeit einer chirurgischen Behandlung gedacht werden [1].
Wie und warum helfen PPIs bei Sodbrennen?
Protonenpumpenhemmer zeichnen sich hauptsächlich durch eine Hemmung der Säuresekretion an den Belegzellen der Magenschleimhaut aus. Diese Zellen spielen eine wesentliche Rolle in der Produktion und Sekretion von Magensäure, da sie die zur Säurebildung erforderlichen Wasserstoffprotonen (H+) mittels spezifischer Protonenpumpen (sogenannte ATPasen) aus dem Zellinneren in den Magen leiten. Die Protonenpumpenhemmer hemmen die Säureproduktion an, indem sie die Protonenpumpen irreversibel, also unumkehrbar, hemmen. Es kann folglich keine Magensäure mehr gebildet werden, der pH-Wert im Magen steigt an und die Symptome des Sodbrennens nehmen ab. Das Ausmaß der Säureproduktionshemmung ist abhängig von der Dosis der verabreichten PPIs – je höher die Dosis, desto mehr Belegzellen werden in ihrer Produktion gehemmt. Aufgrund der irreversiblen Hemmung der ATPasen durch die PPIs bleibt die erwünschte Säurereduktion solange erhalten, bis die Pumpen zugrunde gehen und neu gebildet werden. Daher ist eine einmalige PPI-Tagesdosis ausreichend [2].
Was muss bei der Anwendung und Dosierung beachtet werden?
Trotz der großen Auswahl verschiedener PPI-Präparate ist in Deutschland nur der Wirkstoff Omeprazol für Babys unter einem Jahr zugelassen. Omeprazol steht in verschiedensten Darreichungsformen zur Verfügung. In Form der klassischenFilmtabletten werden unter anderem die Produkte Omebeta® und Omeprazol STADA® etc. vertrieben. Um eine optimale Wirkung zu erzielen, sollten die Tabletten morgens auf nüchternen Magen etwa eine halbe Stunde vor dem Frühstück unzerkaut und mit einigen Schlucken Wasser eingenommen werden [3]. Um die Einnahme für Babys zu erleichtern, eignen sich Antramups® Tabletten. Diese können in verschiedensten Flüssigkeiten (kohlensäurefreies Wasser, Joghurt, Sauermilch, Säfte, aber nicht in Milch) gelöst werden und sollten innerhalb einer halben Stunde getrunken werden [4]. Selbiges gilt fürOmezol-Mepha® Kapseln, die Mikrotabletten im Inneren der Kapsel enthalten und ebenfalls in den zuvor genannten Getränken gelöst und so leichter eingenommen werden können. Im Allgemeinen kommt es zu einem raschen Wirkungseintritt [5].
Bezüglich der Dosierung gelten für alle Präparate die gleichen Vorgaben: 0,7 – 1,4 mg/kg/Tag bis maximal 3,5 mg/kg/Tag(maximal 80 mg/Tag) in ein oder zwei Gaben [1].
Es ist wichtig, zu berücksichtigen, dass die wissenschaftlichen Kenntnisse über eine Therapie mit diesen Präparaten für unterfünf Monate alte Kinder sehr beschränkt sind und daher eine medikamentöse Therapieeinleitung äußerst vorsichtig und nur in speziellen Fällen geschehen sollte. Als Therapiedauer wird ein Zeitraum von 4 bis 8 Wochen empfohlen [5]. Langzeitbehandlungen bei Babys über mehrere Monate bis Jahre sollten in jedem Fall unter engmaschiger Betreuung eines Kindergastroenterologen verlaufen [6].
Welche Nebenwirkungen und Risiken gibt es für Babys bei PPIs?
Bisher hat sich die Gruppe der Protonenpumpeninhibitoren als sehr gut verträglich erwiesen, insbesondere bei kurzfristiger Anwendung. Zu häufigen Nebenwirkungen zählen vor allem gastrointestinale Beschwerden, wie z.B. Bauchschmerzen, Verstopfung, Übelkeit, Erbrechen oder auch Durchfall. Immer wieder kommt es auch zu Schlafstörungen oder Schläfrigkeit. Selten zeigen sich Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Schmerzen in Muskeln und Gelenken. Es existieren zudem Beschreibungen von Hautmanifestationen nach PPI-Einnahme, wie etwa Dermatitis, Juckreiz oder Hautausschläge [5]. Weitere Informationen sind in der Packungsbeilage des jeweiligen Herstellers zu finden.
Welche Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen gibt es bei PPIs?
PPIs können bei zeitgleicher Einnahme zur Verlangsamung des Abbaus von Diazepam (Beruhigungsmittel), Phenytoin(Antiepileptikum) oder Warfarin (Mittel zur Blutgerinnungshemmung) führen und somit eine längere Wirkungsdauer dieser Medikamente herbeiführen [5]. Es ist daher von großer Wichtigkeit, sich vor einem Therapiebeginn mit PPIs bei gegebener, oben genannter Medikation ärztlich beraten zu lassen.
Häufig gestellte Fragen
Generell ist eine Überdosierung mit PPIs äußerst unwahrscheinlich, jedoch sind vereinzelte Berichte von Dosierungen über 2400 mg (entspricht der 120-fachen Erwachsenendosis) bekannt. Es resultieren Symptome wie Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen oder Übelkeit. Da diese Beschwerden nur vorübergehend auftreten, ist keine spezielle Therapie zur Bekämpfung notwendig [5].
PPIs (vor allem Omeprazol) werden innerhalb von drei bis sechs Stunden vom Dünndarm in den Blutkreislauf aufgenommen und führen im Laufe eines Tages zu einem Absinken der Magensäureproduktion um etwa 80 %. Nach etwa vier Tagen wird bei täglicher PPI-Einnahme die maximale Wirksamkeit erreicht [5].
Im Allgemeinen eignen sich PPIs durchaus gut als Prophylaxe sowie Langzeitbehandlung von Säurerefluxbeschwerden. Bei Babys ist es wichtig, eine Therapiedauer von über acht Wochen nicht zu überschreiten [5].
Da diese Substanzen sehr sensible auf Feuchtigkeit reagieren, sollte der Behälter nach Gebrauch fest verschlossen und bei Raumtemperatur trocken gelagert werden [5].
Quellenangaben
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Hosie S., „Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie - Gastro-ösophagealer Reflux im Kindesalter“,http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/006-071l_S1_Gastro-%C3%B6sophagealer_Reflux_Kindesalter_G%C3%96R_2015-03.pdf, 12.10.2015
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Karl Heinz Graefe et al.: Pharmakologie und Toxikologie. Duale Reihe, 2011, S.242 f.
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Olivier Reinberg, Andréas Nydegge, „Anwendung von Protonenpumpen-Inhibitoren in der pädiatrischen Abteilung des CHUV“, http://www.swiss-paediatrics.org/sites/default/files/paediatrica/vol21/n2/pdf/26-28.pdf, 12.10.2015
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Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz, “Antramups 10/20/40“,https://www.compendium.ch/mpro/mnr/8330/html/de , 12.10.2015
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„Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz, “Omezol-Mepha MT 10/20/40 Kapseln“,https://www.compendium.ch/mpro/mnr/10956/html/de, 12.10.2015
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I. Jesch et al., „Omeprazol in der Kinderheilkunde“, http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs001120050020#page-1, 12.10.2015
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Veröffentlicht durch: | DeGiN-Redaktion |
Erstellt am: | 23.05.2016 |
Zuletzt aktualisiert am: | 09.06.2016 |
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