Reflux beim Baby: Ursachen
Besonders in den ersten vier bis sechs Lebensmonaten kommt es bei ca. 40 % der Säuglinge häufiger zu Spucken und Erbrechen nach der Nahrungsaufnahme [1]. Dieser sog. gastroösophageale Reflux bei Säuglingen ist ein physiologisches Phänomen, das sich als ein Zurückfließen des Mageninhaltes in die Speiseröhre erklären lässt. Der Reflux muss nicht zwingend krankhaft sein und ist somit in erster Linie nicht therapiebedürftig [1][2]. Beim Auftreten von weiteren Symptomen darf Reflux bei Babys und Kleinkindern allerdings nicht unterschätzt werden.
Häufige Ursachen
Die häufigste Ursache für ein wiederholtes Ausspucken der Nahrung stellt die noch unterentwickelte Speiseröhre bei Säuglingen dar. Durch ihr geringes Längenwachstum weist sie ein nur sehr kleines Fassungsvermögen auf [3]. Zusätzlich ist die Eigenspannung der unteren Speiseröhrenmuskulatur in diesem Alter noch relativ schwach ausgeprägt [1][4]. Insgesamt sind die Strukturen im Rachenraum des Neugeborenen noch nicht vollkommen entwickelt und führen zu einem unreifen Schluckakt [5]. Außerdem trägt ein Überfüttern der Kleinen zu immer wieder auftretendem „Spucken“ bei [4]. Hierbei spricht man von einem „primären Reflux“, der in keinerlei Zusammenhang mit einer ernsthaften Erkrankung steht [1].
Seltene Ursachen
Symptome wie übermäßiges Schreien nach der Nahrungsaufnahme, Nahrungsverweigerung, Hochwürgen von unverdauter Nahrung (Regurgitation) schmerzhaftes Schlucken und Veränderung der Speiseröhrenschleimhaut verstärken den Verdacht auf die eher selten vorkommende gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD). Zwar wird gesagt: „Speikinder sind Gedeihkinder“, jedoch stellen gerade die damit verbundenen Wachstumsstörungen eines der Hauptindizien für GERD dar [1][5]. Am häufigsten davon betroffen sind Babys mit sowohl geistiger als auch körperlicher Behinderung. Zudem lässt sich eine bestimmte Korrelation zwischen der Refluxkrankheit bei Säuglingen und dem Sandifer-Syndrom feststellen. Letzteres ist durch starke rhythmische Kopfbewegungen sowie krampfartige Positionierungen von Hals, Oberkörper, Beine und Arme gekennzeichnet [3]. Eine irreguläre Körperposition ist auch bei einer abnorm ungewöhnlichen Krümmung der Wirbelsäule (Skoliose) möglich [6].
Der untere Speiseröhrenmuskel (unterer Ösophagussphinkter) weist eine gewisse Ruhespannung (Ruhetonus) auf, die nötig ist, um eine Druckbarriere zwischen Bauch- und Brustraum aufzubauen und somit das Zurückfließen von Mageninhalten in die Speiseröhre zu verhindern. Während des Schluckaktes wird dieser Muskeltonus für die Passage der Nahrung in den Magen aufgehoben. Durch verschiedene Kontraktionen der Speiseröhrenmuskulatur (peristaltische Wellen) wird der Speisebrei in Richtung Magen befördert. Refluxepisoden können auftreten, wenn es zu einer häufigen Entspannung dieses Muskels mit gleichzeitigem Ausbleiben der peristaltischen Welle kommt. Dieser Zustand, dessen Ursache noch nicht geklärt ist, entwickelt sich allerdings relativ selten [1]. Beobachtungen zufolge kommt er jedoch bei bestimmten Krankheitsbildern gehäuft vor. Dazu zählt u. a. der angeborene oder erworbene Zwerchfellbruch (Hiatushernie) bei Kindern.Normalerweise unterstützt das Zwerchfell den unteren Verschluss der Speiseröhre. Bei der Hiatushernie sind jedoch Magenanteile in die Brusthöhle verlagert und die Zwerchfellwirkung fällt weg [7].
Darüber hinaus können Bewegungsstörungen (Motilitätsstörungen) des unteren Ösophagussphinkters den Ruhetonus stören. Diese können beispielsweise durch eine krankhafte systemische Bindegewebsverhärtung (Sklerodermie), die auch den Magendarmtrakt betrifft, verursacht werden. Speiseröhrenfehlbildungen wie die Ösophagusatresie und weitere Sphinktererkrankungen wie die Achalasie tragen erheblich zu Motilitätsstörungen bei. Bewegungsstörungen aufgrund frühkindlicher Hirnschädigung (infantile Zerebralparese) oder Epilepsie sind ebenfalls möglich, da der Nerv (N. vagus), der die Speiseröhre versorgt, direkt aus dem Gehirn entspringt [6][7].
Diese Risikoerkrankungen treten allerdings relativ selten auf [8][9][10]
Häufig gestellte Fragen
Quellenangaben
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Michael J. Lentze, Jürgen Schaub, Franz-Josef Schulte, Jürgen Spranger: Pädiatrie: Grundlagen und Praxis. Springer, 2009, S. 864.
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George Marx, Pascal Müller: Die gastrooesophageale Refluxkrankheit im Säuglings- und Kindesalter. PAEDIATRICA, 2005, S. 14.
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Christian P. Speer, Manfred Gahr: Pädiatrie. Springer Verlag, 2009, S. 79.
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,,Reflux beim Baby behandeln‘‘, http://www.springermedizin.at/artikel/34825-reflux-beim-baby-behandeln, 20.05.2016
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,, Infoletter 08 Kinderchirurgie‘‘, https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/Chirurgie/kinderchirurgie/Infoletter_08_GOER.pdf, 20.05.2016
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Burkhard Rodeck, Klaus-Peter Zimmer: Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung. Springer Verlag 2008, S. 580.
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Walter Siegenthaler, Hubert E. Blum: Klinische Pathophysiologie. 9. Auflage, Georg Thieme Verlag, 2006, S. 793.
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Gerd Herold et al.: Innere Medizin. Verlag Gerd Herold, 2016, S. 686.
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Volker Schumpelick: Praxis der Viszeralchirurgie: Gastroenterologische Chirurgie, Band 3. Springer Verlag, 2006, S. 284.
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Veröffentlicht durch: | DeGiN-Redaktion |
Erstellt am: | 23.05.2016 |
Zuletzt aktualisiert am: | 01.06.2016 |
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