Hausmittel

Leinsamen gegen Reflux

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© PantherMedia / Alena Dvorakova

Etwa jeder zweite Deutsche leidet hin und wieder an Sodbrennen. Ursache hierfür ist zum Beispiel der unerwünschte Rückfluss (Reflux) der Magensäure in die Speiseröhre. Hervorgerufen wird dieser durch eine Schwäche des unteren Speiseröhrenschließmuskels. Ein anderer Auslöser kann eine Überproduktion an Magensäure sein. Unter anderem werden die Symptome durch Stress oder fettreiches Essen gefördert [1][2][3]. Soll die Therapie zunächst ohne Medikamente erfolgen, kann versucht werden, die Beschwerden mit Hausmitteln zu behandeln. Leinsamen (Linum usitatissimum) sind hauptsächlich als unterstützende Hilfe bei Verstopfung bekannt. Doch auch bei Sodbrennen (Reflux) kann die schleimbildende Wirkung von Leinsamen hilfreich sein [4]. Warum diese Wirkung der Samen Sodbrennen lindern kann und was bei der Anwendung zu beachten ist, wird im folgenden Artikel genauer erläutert.


Wie und warum helfen Leinsamen bei Sodbrennen?

Leinsamen enthalten große Mengen (etwa fünfundzwanzig Prozent) an Quellstoffen, so zum Beispiel die unlöslichen Ballaststoffe Cellulose, Hemicellulose und Lignin. In der äußeren Zellschicht der Samenschale sind etwa drei bis sechs Prozent lösliche Schleimstoffe enthalten. Aufgrund dieser Inhaltsstoffe können die Samen stark aufquellen[5]. Ballaststoffe sind unverdauliche pflanzliche Nahrungsbestandteile, die in der Darmpassage Wasser aufsaugen und dadurch quellen. Es handelt sich dabei meist um Vielfachzucker, welche aus einzelnen Ketten bestehen. Diese bilden untereinander und vor allem in Anwesenheit von Säure ein gelartiges Netz. Zwischen den einzelnen Zuckermolekülen entstehen Quervernetzungen, sogenannte Wasserstoffbrückenbindungen [6]. Durch diesen Prozess kommt die Quellwirkung zustande. Einhundert Gramm Leinsamen können bis zu drei Liter Wasser binden [7]. Die sogenannten Belegzellen des Magens bilden eine ca. 0,5-prozentige Salzsäure: die Magensäure [8]. In Verbindung mit Wasser und Magensäure kann das Volumen der Samen aufgrund der enthaltenen Ballast- und Schleimstoffe im Dickdarm auf das vier- bis achtfache steigen [7].

Leinsamen: Beschleunigt die Verdauung

Die Darmbewegungen (Motilität) werden durch die Zunahme des Volumens gefördert und der Stuhl wird durch den Schleim geschmeidiger. Hierdurch kommt es zu einem verbesserten Gleiten durch die Darmpassage. Da der Magen-Darm-Trakt eine Einheit bildet, führt ein verbesserter Transport durch den Darm auch zu einer besseren Magenentleerung [4]. Somit wird bei einer Überproduktion von Magensäure diese nicht im Magen gestaut, sondern sogar gebunden. Der Magen wird weniger angegriffen, wodurch Sodbrennen abgemildert werden kann.

Bei der Refluxkrankheit fließt Magensäure aufgrund der Schwäche des unteren Speiseröhrenschließmuskels zurück. Der Schleim soll sich auf die Oberfläche von Magen, Darm und Speiseröhre legen und so vor allem auf entzündete Regionen reizlindernd und schützend wirken können. Angegriffene Bereiche der Speiseröhrenwand können sich wieder regenerieren, wodurch das Sodbrennen weiter abgeschwächt wird.

Das fette Leinöl enthält vor allem die vom Körper nicht selbst produzierbaren, aber lebensnotwenigen, also essentiellen, Fettsäuren α-Linolensäure (ca. 48 bis 58 Prozent), Linolsäure (ca. 14 bis 22 Prozent) und Ölsäure (ca. 13 bis 26 Prozent). Es dient als zusätzliches Gleitmittel nach der Aufnahme und Zerkleinerung von Leinsamen [9].

Ungesättigte Omega-3-Fettsäuren machen einen Anteil von fünfzig Prozent in den Samen aus. Sie haben einen entzündungshemmenden Effekt, indem sie in den Stoffwechsel von Entzündungsmediatoren, den sogenannten Arachidonsäurestoffwechsel, einwirken. Auch hierdurch wird dem Sodbrennen entgegengewirkt [5][9].

Was muss bei der Anwendung und Dosierung beachtet werden?

Experten raten, zwei- bis dreimal täglich jeweils einen Esslöffel (zehn Gramm) Leinsamen mit mindestens einem Glas Wasser einzunehmen [10]. Die Leinsamen sollten ganz oder nur angestoßenzugeführt werden, da der Körper aus geschroteten Samen auch den Energiegehalt des fetten Öls entnimmt (in einhundert Gramm fast fünfhundert Kilokalorien). Vor allem bei übergewichtigen Patienten ist dies nicht von Vorteil [7]. Zudem können wertvolle Inhaltsstoffe, die normalerweise die erwünschte Schleimwirkung erzielen würden, verloren gehen. Somit könnte die Heilwirkung abgeschwächt werden. Die Leinsamen dürfennicht vorquellen, da sie ihr volles Volumen erst im Darm entfalten sollen. Außerdem sollten die Samen nicht mit Milch eingenommen werden, da dann der Quelleffekt nicht einsetzt [7].

Die empfohlene Tagesdosis beträgt dreißig bis fünfzig Gramm [12].
Wichtig zu wissen ist, dass die Leinsamen ihre volle Wirkung erst nach einigen Tagen entfalten. Es ist also etwas Geduld gefragt [7].

Falls weitere Arzneimittel eingenommen werden, sollte man zwischen der Einnahme der Leinsamen und anderer Medikamente mindestens eine Stunde warten, um Wechselwirkungen zu vermeiden. Die Quellwirkung der Samen kann die Aufnahme der Arzneistoffe behindern [10].

Gibt es Nebenwirkungen und Risiken?

Es sind, abgesehen von möglichen Blähungen, keine Nebenwirkungen bekannt, sofern die Dosierung beachtet und zur Einnahme der Leinsamen ausreichend getrunken wird. Bei Kindern unter zwölf Jahren wird die Anwendung wegen fehlender Erfahrung nicht empfohlen [10]. Viel zu trinken ist sehr wichtig, da die Samen sonst im Darm verklumpen. Hierdurch könnte ein Darmverschluss hervorrufen werden. Ist die Darmpassage durch Verengungen der Speiseröhre oder des Darms behindert (beispielsweise durch Operationen, akuten Entzündungen, Tumoren oder Darmlähmungen), dürfen keine Leinsamen eingenommen werden aufgrund dieser Verschlussgefahr. Die Einnahme zusammen mit Medikamenten zur Hemmung der Darmbewegung (zum Beispiel Durchfallmittel) ist kontraindiziert [7][10].

Aus zerkleinerten Samen können theoretisch im Körper krebserregende (sogenannte cyanogene) Glykoside freigesetzt werden, die giftige Blausäure bilden können. Bei einer normalen Dosierung wird diese aber durch das Enzym Rhodanase sehr schnell abgebaut. So kommt es nicht zu Vergiftungserscheinungen. Auch ist dafür die Verweildauer im Magen zu kurz. Zuletzt kann die Magensäure Enzyme, die Blausäure freisetzen, außer Kraft setzen. Manche Quellen behaupten jedoch, dass bei einer Überdosierung eine mögliche Blausäure-Vergiftung resultieren kann. Vorsichtshalber sollte deshalb eine Tageshöchstdosis von fünfzig Gramm nicht überschritten werden. Bei der Verwendung von ganzen Samen wird keine Blausäure gebildet [5][7][11]. Stark erhitztes Leinöl (heißer als zweihundert Grad Celsius) kann zu giftigen Erscheinungen führen, weshalb es nicht gegessen werden darf [9].
Leinsamen senken vermutlich den Blutzucker. Deshalb kann es bei Diabetikern unter Umständen notwendig sein, die Insulindosis zu reduzieren [12]. Auch auf den Abbau von Medikamenten im Körper könnte das Leinöl Einfluss nehmen [5].

Sollten nach der Einnahme von Leinsamen Schluck- und Atembeschwerden, Brustschmerzen oder Erbrechen auftreten, ist sofort ein Arzt zu konsultieren. Hält das Sodbrennen trotz Behandlung weiter an oder kommt es zu weiteren Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, sollte die Ursache ebenfalls von einem Arzt untersucht werden.