Hausmittel
Natron gegen Reflux
Unter Reflux oder, genauer gesagt, gastroösophagealem Reflux versteht man den Rückfluss des Magensafts aus dem Magen (Gaster) in die Speiseröhre (Ösophagus). Dort kann die Magensäure durch Schleimhautreizung ein brennendes Gefühl auslösen, das Sodbrennen. Schon seit der Antike nutzten Ärzte Natron zur symptomatischen Behandlung dieses „Brennen des Magens“ [1].Die korrekte chemische Bezeichnung von Natron ist Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3). In der medizinischen Literatur wird es als Natriumbikarbonat bezeichnet und im allgemeinen Sprachgebrauch wird von Speisenatron, Speisesoda oder Backsoda gesprochen [2]. Zwar haben sich neuere Wirkstoffe zur Behandlung des Reflux durchgesetzt, die das schon den Ägyptern bekannte Natron ablösten. Trotzdem ist es ein noch immer häufig genutztes Hausmittel. Wie es wirkt und auf was man achten sollte, wird im Folgenden erläutert.
Wie und warum hilft Natron bei Reflux?
Um die Wirkung von Natron zu verstehen, muss man wissen, dass der Magensaft unter anderem Salzsäure enthält. Die Salzsäure wird von Zellen der Magenschleimhaut (Parietal- oder Belegzellen) gebildet. Sie unterstützt die Denaturierung (den Abbau) von Proteinen (Eiweißen) aus der Nahrung und tötet mit der Nahrung aufgenommene Bakterien und Viren. Besonders nach Nahrungsaufnahme kommt es zu einer verstärkten Produktion.
Chemische Stoffe werden in Säuren und Basen unterteilt. Säuren reagieren mit Basen unter Bildung von Wasser und Salzen. Eine Base ist somit das Gegenstück zur Säure und vermag diese zu neutralisieren [3]. Oftmals ist in diesem Zusammenhang die Rede vom sogenannten pH-Wert. Säuren sind Chemikalien mit einem pH-Wert zwischen 7 (neutral) und 0 (stark sauer). Basen weisen einen pH-Wert zwischen 7 und 14 (stark basisch) auf. Der pH-Wert des Magens liegt bei 1. Durch eine gelartige Schleimschicht schützt sich der Magen vor dieser aggressiven Säure. Diese Eigenschaft besitzt die Speiseröhre nicht. Gelangt die starke Säure an die ungeschützte Oberfläche der Speiseröhre, kommt es zum Sodbrennen.
Natron ist ein Salz der Kohlensäure, und liegt als weißes Pulver vor [4]. Wird es über den Mund (oral) eingenommen und trifft im Magen auf die Salzsäure, kann es als Base wirken und die Säure neutralisieren. Es zählt in der Medizin zu den sogenannten Antazida. Alle Antazida sind Magensäure-bindende Medikamente mit einer schnellen, aber kurzen Wirkung von etwa einer bis drei Stunden [5]. Sie unterscheiden sich von Medikamenten, die direkt zu einer Verminderung der Säureproduktion führen.
Natron hilft somit nicht gegen den eigentlichen Reflux (Rückfluss des Mageninhaltes). Vielmehr neutralisiert es dessen Säuregehalt und mindert somit die schädliche Wirkung auf die Schleimhaut der Speiseröhre. Es ist also ein rein symptomatisches Hausmittel, das die Symptome mildert, jedoch nicht deren Ursache behebt.
Was muss bei der Anwendung und Dosierung von Natron beachtet werden?
Natron findet zu Recht nach wie vor als Hausmittel Anwendung. Rezeptfrei ist es in Pulver- oder auch Tablettenform in der Apotheke oder in der Lebensmittelabteilung zu finden. Es wird empfohlen, einen gestrichenen Teelöffel Pulver in Wasser aufzulösen und in kleinen Schlucken zu trinken. Alternativ können zwei Tabletten mit etwas Wasser geschluckt werden [7]. Bei der Selbstmedikation ist wie immer Vorsicht geraten, denn wie Paracelsus es schon sagte: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei“ [6]. So ist es auch beim Natron der Fall. Die Einnahme von geringen Dosen bringt kein Risiko mit sich. In großen Mengen kann es jedoch zu gefährlichen Nebenwirkungen kommen (s. u.).
Beim längeren Bestehen der Beschwerden sollte somit immer ein Arzt aufgesucht und eine geeignetere Therapie eingeleitet werden.
Zu beachten gilt außerdem, dass es sich bei Backpulver nicht, wie oft fälschlicherweise angenommen, um reines Natron handelt. Natron ist lediglich einer von vielen Inhaltsstoffen von Backpulver.
Gibt es Nebenwirkungen und Risiken?
Die Einnahme von Natron in größeren Mengen kann eine Reihe von Nebenwirkungen und Risiken mit sich bringen.
Natron wird nach dem Schlucken im Verdauungstrakt vollständig aufgenommen und gelangt so in den Blutkreislauf [5]. Dort hat es unerwünschte Wirkungen: zum einen wegen seines hohen Natriumgehalts und zum anderen wegen seiner basischen Eigenschaft.
Der hohe Natriumgehalt führt zu einem Überschuss an Natrium im Blut, einer sogenannten Hypernatriämie. Dies ist gefährlich, da Natrium eine osmotisch aktive Substanz darstellt, d. h., es hat die Eigenschaft, Wasser nach sich zu ziehen. Dadurch kann es zu erheblichen Wasserverschiebungen aus den Zellen in die Blutbahn kommen (Hypervolämie). Dies schadet zum einen den Zellen selbst und kann zum anderen zu erhöhten Blutdruckwerten führen. Gefährlich ist dies besonders für Menschen mit einer Herzerkrankung oder bereits erhöhtem Blutdruck (Hypertonie). Auch für Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion (Niereninsuffizienz) stellt die hohe Natriumzufuhr eine Gefahr dar, da die erkrankten Nieren Schwierigkeiten haben, das Natrium aus dem Körper zu schleusen. Menschen mit Nierenerkrankungen sollten somit generell auf eine Natroneinnahme verzichten [5].
Des Weitern ist die basische Eigenschaft, welche die Säure im Magen neutralisiert, im restlichen Körper nicht erwünscht. Wird Natron in großen Mengen oder regelmäßig eingenommen, kann es zu einer Ansammlung von Basen im Körper kommen. Mediziner sprechen dann von einer sogenannten metabolischen Alkalose [5]. Im Normalfall balanciert der Körper das Gleichgewicht zwischen Säuren und Basen durch komplizierte Regelkreisläufe genau aus. Wird der Körper jedoch mit zu vielen Basen überlastet, ist dieses System überfordert. Bei der Alkalose kommt es dann durch verschiedene Mechanismen zu einem vermehrten Einstrom von Kalium in die Zellen des Körpers. Dies wiederum kann zu Muskelschwäche, Verstopfung (Obstipation), Blasenentleerungsstörungen und Herzrhythmusstörungen führen [8].
Eine weniger gefährliche, jedoch störende Nebenwirkung ist eine Magendehnung, da es bei der Reaktion von Natron und Magensäure zur Produktion von Kohlenstoffdioxid kommt [5]. Diese kann sich durch Aufstoßen, Blähungen, Völlegefühl und Magenschmerzen äußern.
Schließlich ist bei einer längeren Anwendung zu beobachten, dass der Körper reaktiv mehr Salzsäure produziert. Wie auch im restlichen Körper wird der pH-Wert des Magensafts genau reguliert. Wird er durch Natron oder andere Antazida ständig nach oben, also ins Basische verschoben, reagiert der Magen mit vermehrter Säureproduktion (reaktive Hypersekretion), um den gewünschten niedrigen pH-Wert zu erzielen [5].
Quellenangaben
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U. Lang, „Antacida ‚wider den Sodt‘“ http://www.aerzteblatt.de/pdf/112/11/a484.pdf, 08.09.2015
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C. Wahler: Natron – das Milieu ist alles. Books on Demand, 2015, S. 155.
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„Säuren“, http://www.chemie.de/lexikon/Säuren.html, 08.09.2015
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Wahler (2015): S. 157.
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T. Karow, R. Lang-Roth: Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Karow Verlag, 19. Auflage, 2010, S. 375.
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„Die dritte Defension wegen des Schreibens der neuen Rezepte“,http://www.zeno.org/Philosophie/M/Paracelsus/Septem+Defensiones/Die+dritte+Defension+wegen+des+Schreibens+der+neuen+Rezepte, 08.09.2015
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„Wundermittel Natron“, http://www.wundermittel-natron.info/natron-gesundheit/innerliche-anwendung/natron-gegen-sodbrennen, 08.09.2015
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H. Renz-Polster, S. Krautzig: Basislehrbuch Innere Medizin. Elsevier Verlag, 4. Auflage, 2008, S. 1037.
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Veröffentlicht durch: | DeGiN-Redaktion |
Erstellt am: | 23.05.2016 |
Zuletzt aktualisiert am: | 31.05.2016 |
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