Schulmedizin
PPI gegen stillen Reflux
Symptome wie ein ständiger Räusperzwang und Hustenreiz, stets wiederkehrende Heiserkeit und ein kloßiges Gefühl im Rachen können auf einen stillen Reflux (laryngopharyngealer Reflux bzw. extraösophagealer Reflux) hinweisen. Diese Symptome sind darauf zurückzuführen, dass Magensäure über die Speiseröhre in die Luftwege und den hinteren Mund- und Rachenbereich gelangt. Anders als beim gastroösophagealen Reflux (Sodbrennen) liegt hier die Magensäure nicht in flüssiger Form, sondern als Gas vor. Dadurch ist den Betroffenen das typische Symptom der aufsteigenden Magensäure, das Sodbrennen, häufig gar nicht bekannt. Dies macht die Ursachenfindung (Diagnostik) ihrer Beschwerden sehr schwierig. Der Mechanismus, der zu den genannten Symptomen führt, entspricht aber dem des Sodbrennens, sodass auch hier Protonenpumpeninhibitoren (PPIs) angewandt werden können.
Wann ist die Einnahme von PPIs bei Sodbrennen sinnvoll?
Ein stiller Reflux verläuft lange beschwerdefrei, weshalb er oft spät erkannt wird. Betroffene Personen verspüren uncharakteristische Symptome wie Räusperzwang, eine Verschleimung im Rachen, Hustenreiz, wiederkehrende Heiserkeit sowie ein Kloß- oder Engegefühl im Rachen („Globus-Syndrom“) [2]. Treten diese Beschwerden häufig und nicht nur gelegentlich nach bestimmten Mahlzeiten auf, so kann über eine Einnahme von PPIs nachgedacht werden. Protonenpumpeninhibitoren sollten erst bei häufigen Beschwerden eingesetzt werden [1]. Vor allem dann, wenn ein Arzt festgestellt hat, dass die genannten Beschwerden auf die aufsteigende Magensäure zurückzuführen sind, sind PPIs eine sinnvolle Therapie.
PPIs werden außerdem häufig bei Vorliegen einer durch die aufsteigende Magensäure verursachten Entzündung der Speiseröhre (Refluxösophagitis) eingenommen. Auch hier stellen PPIs eine gute und sinnvolle Therapieoption dar [1].
Wann sollte auf die Einnahme von PPIs verzichtet werden?
PPIs sollten nicht bei nur gelegentlich auftretendem Reflux eingenommen werden, da viele Nebenwirkungen bekannt sind. Kommt es nur selten zu einem Reflux, sollten zunächst andere Therapiemöglichkeiten in Betracht gezogen werden. So kann versucht werden, auf besonders fett- und säurehaltige Speisen zu verzichten [1].
Kommt es durch die Einnahme des Medikaments innerhalb von 14 Tagen nicht zu einer Besserung der Symptomatik, so sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Die gleichzeitige Einnahme von PPIs und bestimmten Gerinnungshemmern (Clopidogrel), Psychopharmaka (Diazepam) und einigen anderen Medikamenten (siehe Beipackzettel z. B. von Omeprazol) sollte mit einem Arzt besprochen werden, da Wechselwirkungen auftreten können [3].
Personen, die allergisch auf Protonenpumpenhemmer oder andere Stoffe in den Medikamenten reagieren, sollten auf die Einnahme von PPIs verzichten. Auch Personen, die an einer Leberfunktionsstörung leiden, ist von PPIs abzuraten. Bei schwangeren und stillenden Frauen gibt es ebenfalls Einschränkungen [4][5].
Wie und warum helfen PPIs bei Sodbrennen?
Ursachen für einen Reflux sind zum einen die verminderte Kontraktionsfähigkeit des unteren Speiseröhrenschließmuskels, zum anderen die vermehrte Produktion und Sekretion der Magensäure. Im gesunden Zustand liegt ein Gleichgewicht zwischen der Säureproduktion und den Schutzmechanismen der Schleimhaut vor. Bei Personen mit Reflux ist dieses Gleichgewicht gestört. Verschiedene Medikamente bewirken über unterschiedliche Mechanismen eine Besserung der Symptome. So vermindern PPIs die Sekretion der Magensäure.
Als Protonenpumpenhemmer wird eine Wirkstoffklasse bezeichnet, zu der die folgenden Wirkstoffe gehören: Omeprazol (Antra®, Omep®, Gastracid®), Lansoprazol (Agopton®, Lanzot®, Lansogamma®), Pantoprazol (Pantozol®, Gastrozol®, Rifun®), Rabeprazol (Pariet®) und Esomeprazol (Nexium®, Esomep®, Durotiv®). Sie alle ähneln sich in ihren pharmakologischen Eigenschaften. Diese Wirkstoffe führen zur Hemmung einer Pumpe in der Zellmembran der Belegzellen der Magenwand. Diese Pumpe pumpt im Austausch von Kaliumionen Protonen (H+) aus den Belegzellen hinaus. Die Protonen dienen der Bildung der Magensäure (Salzsäure, HCl). Wird diese Pumpe nun durch Medikamente gehemmt, gelangen weniger Protonen zur Säurebildung ins Mageninnere. Somit wird die Bildung der Magensäure vermindert. Dadurch kann es auch zu einer Besserung der belastenden Symptome kommen, weil nun weniger Magensäure in die Speiseröhre aufsteigt [4].
Was muss bei der Anwendung und Dosierung von PPIs beachtet werden?
Protonenpumpenhemmer werden in Tablettenform eingenommen. Sie sollten unzerkaut und im Ganzen zusammen mit einem Glas Wasser heruntergeschluckt werden. Die übliche und maximale Tagesdosis ist eine 20 mg Hartkapsel [3][4].
Die Tabletten sollten nicht länger als 14 Tage am Stück angewandt werden. Sollte eine Anwendung über 14 Tage hinaus angestrebt werden, weil sich z. B. die Symptome nicht bessern, sollte vorher ein Arzt kontaktiert werden. Protonenpumpenhemmer sollten vor oder zu den Mahlzeiten eingenommen werden, um eine möglichst hohe Wirkung zu erreichen. Es wird empfohlen, die Hartkapsel am Morgen einzunehmen.
Eine Besserung der Symptome sollte bereits nach zwei bis drei Tagen eintreten; die maximale Wirkung wird nach drei bis vier Tagen erreicht.
Was muss bei Kindern beachtet werden?
Für Kinder unter 12 Jahren werden die Tabletten nicht empfohlen. Jugendliche ab 12 Jahren können die gleiche Dosis wie Erwachsene einnehmen [5].
Was muss bei Schwangeren beachtet werden?
Schwangere sollten das Medikament ohne Absprache mit einem Arzt nicht einnehmen. Es liegen keine Daten zu schädlichen Wirkungen in der Schwangerschaft vor; jedoch sollte ein Arzt entscheiden, ob der Nutzen für die Patientin größer ist als das mögliche Risiko für das Baby [3].
Was muss während des Stillens beachtet werden?
Stillende Frauen sollten mit einem Arzt besprechen, ob sie PPIs einnehmen dürfen oder nicht. Es wurde ein Übertritt des Wirkstoffs Pantoprazol in die Muttermilch beschrieben. Inwieweit dies schädlich für das Kind sein kann, sollte mit einem Arzt geklärt werden [5].
Welche Nebenwirkungen und Risiken gibt es bei PPIs?
PPIs sind allgemein gut verträglich. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Müdigkeit, Juckreiz und ein Anstieg der Leberenzyme. Durch die Verminderung der Magensäure können sich im Magen Bakterien ansiedeln, die normalerweise durch die Salzsäure abgetötet werden. Bei Risikopatienten (z. B. beatmeten bettlägerigen Patienten) kann es dadurch zu einer vermehrten Entwicklung von Lungenentzündungen kommen [4].
Weitere Nebenwirkungen sind in den Beipackzetteln der verschiedenen Wirkstoffe zu finden.
Welche Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen gibt es bei PPIs?
Es sind zahlreiche Wechselwirkungen für PPIs mit anderen Medikamenten beschrieben. So hemmen PPIs den Abbau von bestimmten Gerinnungshemmern (Warfarin) und Psychopharmaka (Phenytoin, Diazepam). Außerdem bestehen Wechselwirkungen mit dem gesinnungshemmenden Medikament Clopidogrel [4].
Alternativen zu Protonenpumpenhemmern
Alternativ zu PPIs können Antazida, welche die Magensäure abpuffern, oder H2-Antagonisten, die wie PPIs zu einer Verminderung der Magensäuresekretion führen, eingenommen werden [4].
Häufig gestellte Fragen
Eine mögliche Überdosierung wird vor allem für Fälle beschrieben, in denen das Medikament über die Venen verabreicht wurde. Bei zu hoher Dosierung kann es hierbei zu vorübergehenden Sehstörungen kommen [4].
Pro Tag sollte nur eine Hartkapsel (20 mg) eingenommen werden [3].
Eine erste Wirkung sollte sich schon nach zwei bis drei Tagen nach der ersten Einnahme einstellen. Die maximale Wirkung wird meist nach drei bis vier Tagen erreicht [3][4].
Weil Alkohol reflexfördernd wirkt, kann es sein, dass die Wirkung von PPIs abgeschwächt wird [1].
Über die Wirkung von PPIs auf Alkohol ist bisher nichts bekannt.
Sollte einmal die Einnahme einer Tablette vergessen worden sein, sollte zu einem späteren Zeitpunkt die Einnahme mit der üblichen Dosis fortgeführt werden [3].
PPIs sollten für Kinder unzugänglich aufbewahrt und nicht bei Temperaturen über 25 °C gelagert werden [3].
PPIs verfügen über ein Verfallsdatum, das auf der Packung angegeben wird. Das Datum bezieht sich auf den letzten Tag des Monats [3].
Quellenangaben
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Gerd Herold et al.: Innere Medizin. Gerd Herold Verlag, 2014, S. 433–435.
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„Stiller Reflux“, http://www.hno-weilheim.de/HNO-Zentrum_Fuenf-Seen-Land/Stiller_Reflux.html, 11.10.2015
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„Gebrauchsinformation Omeprazol“, http://www.ratiopharm.de/assets/products/pkg_insert/Omeprazol-ratiopharm_SK_20_mg_magensaftresistente_Hartkapseln.pdf, 11.10.2015
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Thomas Herdegen: Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie. Georg Thieme Verlag, 2010, S. 154–155.
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„Gebrauchsinformation Pantoprazol“, http://www.hennig-am.de/fileadmin/dokumente/Publikum/PDF/Gebrauchsinformationen/Pantoprazol_Hennig_40_mg.pdf, 11.10.2015
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Veröffentlicht durch: | DeGiN-Redaktion |
Erstellt am: | 23.05.2016 |
Zuletzt aktualisiert am: | 09.06.2016 |
Prüfzyklus: | Jährlich |
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