Schulmedizin
H2 Blocker gegen chronisches Sodbrennen
Chronisches Sodrennen liegt vor, wenn Magensäure über einen längeren Zeitraum durch den unteren Speiseröhrenschließmuskel (Sphinkter) in die Speiseröhre aufsteigt. Es entstehen dann typische Symptome wie Brennen hinter dem Brustbein, Schluckstörungen, saures Aufstoßen und Blähungen. H2 Blocker (Histamin-H2-Rezeptorantagonisten) reduzieren die Säureproduktion im Magen und können die Symptome lindern [1]. Das sind Wirkstoffe wie Ranitidin, Famotidin und Roxatidin. Ihre Wirkungsweise, Nebenwirkungen und Anwendungsgebiete sollen im Folgenden erläutert werden.
Wann ist die Einnahme von H2 Blockern bei chronischem Sodbrennen sinnvoll?
H2 Blocker können sich als Bedarfstherapie bei oben genannten leichten Beschwerden eignen. Auch wenn durch ein PPI keine ausreichende Säureblockade erreicht werden konnte, können H2 Blocker eine zusätzliche Säurereduktion erzeugen [2]. Bei Schwangeren, Stillenden und Kindern ist eine zurückhaltende Einnahme und eine Rücksprache mit einem Arzt angezeigt. Das Vorliegen organischer Schäden, wie eine Speiseröhrenentzündung (Ösophagitis), ist ebenfalls ein Grund für eine Nichteinnahme [1]. Vor allem bei nächtlich auftretenden Beschwerden ist mit H2 Blockern eine gute Linderung möglich [3].
Wann sollte auf die Einnahme von H2 Blockern verzichtet werden?
H2 Blocker dürfen bei einer bekannten Überempfindlichkeit gegen einen der Wirkstoffe nicht eingenommen werden. Schwangere, Kinder und Stillende sollten ebenfalls auf eine Einnahme verzichten [4]. Die Substanzen passieren die Plazenta und gehen auch in die Muttermilch über [5]. Bei einer Stoffwechselerkrankung (Porphyrie) ist ein Aufbau des roten Blutfarbstoffes nicht möglich. Liegt die Erkrankung vor, spricht dies ebenfalls gegen eine Einnahme, da der Wirkstoff die Erkrankung verschlimmert. Der Wirkstoff Roxatidin sollte bei einer vorliegenden Lebererkrankung nicht eingesetzt werden [6].
Wie und warum helfen H2 Blocker bei chronischem Sodbrennen?
Die Magensäure (HCl) wird von den Belegzellen im Magen gebildet. Die Zellen können über verschiedene Mechanismen zur Säureproduktion angeregt werden. Der Histaminrezeptor, welcher auf den Belegzellen sitzt, kann durch Bindung von Histamin zur Säureproduktion führen. Histamin ist eine natürlich im Körper vorkommende Aminosäure. Die Histamin-H2-Rezeptorantagonisten blockieren den Rezeptor für Histamin im Magen. Über diesen Mechanismus wird die Säureproduktion reduziert [3]. Es gibt allerdings noch weitere Wege die Säureproduktion zu verstärken, sodass H2-Blocker die Säureproduktion nur um circa 50% reduzieren [7].
Was muss bei der Anwendung und Dosierung beachtet werden?
H2 Blocker können bis zu zweimal täglich eingenommen werden. Allerdings sollte die Einnahme bei einer leichten Ausprägung des chronischen Sodbrennens erfolgen [8]. Bei nächtlich auftretendem Sodbrennen ist es sinnvoll die Tabletten vor der Nachtruhe einzunehmen. Denn H2 Blocker senken die Säureproduktion effektiv, wenn keine Nahrung aufgenommen wird [7].
Bei einer Daueranwendung von H2 Blockern kann sich der Körper an den Wirkstoff gewöhnen. Dann wird die Säureproduktion über die nicht blockierten Mechanismen gesteigert. Aus diesem Grund eignen sich H2 Blocker nicht für eine Dauertherapie. Nach einigen Tagen kann ihre Wirkung nachlassen. Deshalb sollten sie nur für einekurzfristige Bedarfstherapie verwendet werden. Es ist möglich, dass nach Absetzen der Therapie die Säureproduktion stark gesteigert wird. Dann kann es zu einem Wiederauftreten der Symptome kommen [6].
Bei einer Langzeitanwendung über Jahre konnte außerdem gezeigt werden, dass der B12 Spiegel sinkt [9]. Das ist ein wichtiges Hormon unseres Körpers.
Wenn die Beschwerden langanhaltend sind oder eine Verschlimmerung eintritt, sollte in jedem Falle ein Arzt aufgesucht werden und die Therapie besprochen werden.
Was muss bei Kindern beachtet werden?
Für H2 Blocker bei Kindern gibt es keine ausreichenden Studiendaten. Deshalb sollte die Einnahme nur in Absprache mit einem Arzt erfolgen [10].
Was muss bei Schwangeren beachtet werden?
H2 Blocker passieren die Plazenta. Es sind bisher keine Daten über eine schädigende Wirkung für das Ungeborene bekannt [3]. Eine Einnahme sollte trotzdem nur unter Rücksprache mit einem Arzt erfolgen.
Was muss während des Stillens beachtet werden?
Ein Übergang in die Muttermilch ist für H2 Blocker beschrieben. Stillende sollten deshalb auf einen Einsatz dieser Wirkstoffe verzichten [3].
Welche Nebenwirkungen und Risiken gibt es bei H2 Blockern?
Alle H2 Blocker können in seltenen Fällen Übelkeit und Durchfall erzeugen. Außerdem ist das Auftreten von Kopfschmerzen, Müdigkeit und Halluzinationen möglich. Auch Herzrhythmusstörungen sind selten aufgetreten [11]. H2 Blocker lösen in einigen wenigen Fällen eine Entzündung des Nierenzwischengewebes (interstitielle Nephritis) aus [12]. Cimetidin hat schwerere Nebenwirkungen und sollte deshalb nicht mehr eingenommen werden. Es fördert die Wirkung von Östrogenen und führt bei Frauen zu Milcheinschuss (Galaktorrhoe) und bei Männern zu einer Brustentwicklung und Potenzverlust [7]. Für den Wirkstoff Ranitidin wurde selten eine Abnahme unspezifischer Abwehrzellen (Neutropenie) beschrieben. Das kann zu einer erhöhten Infekt Anfälligkeit führen [13].
Welche Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen gibt es bei H2 Blockern?
Bei dem Wirkstoff Ranitidin sind Wechselwirkungen mit Midazolam, Phenytoin und Theophyllin bekannt [6]. Die gleichzeitige Einnahme mit Alkohol kann zu einer gesteigerten Wirkung des Alkohols führen. Wirkstoffe wie Ranitidin und Cimetidin hemmen ein Enzym, welches für den Alkohlabbau nötig ist [14].
Häufig gestellte Fragen
Die Wirkung der H2 Blocker hält zwischen 6-10 Stunden an [3].
Die Wirkung der H2 Blocker tritt 30-60 Minuten nach Einnahme ein [3].
Wenn die Beschwerden nicht abklingen und sich verschlimmern, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Es ist dann möglich, dass eine Therapie mit H2 Blockern nicht ausreichend ist. Alternativ können Protonenpumpeninhibitoren eingesetzt werden [6].
Bei Einnahmen erhöhter Dosen der Wirkstoffe und einer begleitenden Nieren- oder Lebererkrankung, kann es zu Nebenwirkungen wie Verwirrtheit und Halluzinationen kommen [15]. Die Leber- und Nierenerkrankung, mit einer Einschränkung der Funktion, verringert den Abbau der Substanzen. Der Wirkstoff reichert sich an.
Quellenangaben
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Gerd Herold: Innere Medizin. Herold, 2015, S.435, 437.
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„Leitlinie gastroösophageale Refluxkrankheit“,http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-013l_S2k_Refluxkrankheit_2014-05.pdf(26.10.15)
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Liselotte Hartmann: Beratungskompetenz Magen und Darm in der Apotheke. Springer, 2012, S.59-61.
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Claus-Jürgen Estler, Harald Schmidt: Pharmakologie und Toxikologie für Studium und Praxis. Schattauer, 2007, S. 604.
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Hans Huchzermeyer: Ratgeber für Patienten Schwangerschaft bei Erkrankungen des Magen-Darm Kanals und der Bauchspeicheldrüse, Gastro Liga, S.5.
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Thomas Herdegen: Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, 2008, S. 168.
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M. Freissmuth: Pharmakologie und Toxikologie. Springer, 2012, S. 498-499.
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Wolfgang Herok, Christoph Huber, Thomas Meinertz, Henning Zeidler: Die Innere Medizin Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer, 2007, S.500.
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„Säurehemmer fördern Vitamin-B12-Mangel“ ,http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/magen_darm/reflux_sodbrennen/article/852743/hochdosierte-therapie-saeurehemmer-foerdern-vitamin-b12-mangel.html, (26.10.15)
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„Die gastrooesophageale Refluxkrankheit im Säuglings- und Kindesalter“,http://www.swiss-paediatrics.org/sites/default/files/paediatrica/vol16/n2/pdf/12-17.pdf, (26.10.15)
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Karl Heinz Graefe, Werner Lutz, Heinz Bönisch: Duale Reihe-Pharmakologie und Toxikologie. Thieme, 2011, S. 121.
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„Arzneimittelattacke auf die Nieren“, http://www.pharmazeutischezeitung.de/index.php?id=41143, (26.10.15)
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Ronald A. Schoenenberger, Walter E. Haefeli, Jürg Schifferli: Internistische Notfälle. Thieme, 2008, S.246.
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Manfred V. Sieger, Anil Batra, Karl Mann: Alkohol und Tabak. Thieme, 2011, S.473.
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Holger Thiel, Norbert Roewer: Anästhesiologische Pharmakotherapie. Thieme, 2014, S.367.
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Veröffentlicht durch: | DeGiN-Redaktion |
Erstellt am: | 23.05.2016 |
Zuletzt aktualisiert am: | 09.06.2016 |
Prüfzyklus: | Jährlich |
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